Interim CDO Michael Mollath im Gespräch.
Als Executive Search Experten im Digitalkontext widmen wir uns Persönlichkeiten, die Digitalisierung maßgeblich vorantreiben.
Wir haben uns hierzu unter anderem mit Michael Mollath, einem erfahrenen Digitalprofi und Interim Manager, unterhalten, der uns im 1. Teil schon spannende Einblicke gegeben hat, die wir hier mit dem zweiten und letzten Teil des Interviews fortsetzen.
Teil 2
STEERER: „Wie können deiner Ansicht nach Teams, die über keine digitale DNA (wie z. B. Tech-Start-ups) verfügen, den digitalen Gedanken verinnerlichen? Wir wissen: Digitalisierung ist ein anhaltender Prozess und kein Projekt, welches nach ein paar Monaten abgeschlossen werden kann. Wie trägst du diesen dynamischen Gedanken erfolgreich in eine Unternehmung, die beispielsweise lange Zeit an statische Prozesse gewöhnt war?“
Michael Mollath: „Das ist eine Frage von hoher Relevanz. Es gibt bekanntlich mehrere Ansätze, je nachdem in welchem Umfang man sich einem Projekt widmet. Beispielsweise ist mittlerweile allerorts bekannt, dass es keinen Sinn macht, ganze Teams auszutauschen. Nachhaltige Veränderung lässt sich am effektivsten mit weitgehend bestehenden Teams erreichen. Was für mich stets gut funktioniert ist, kleine positive Referenzerfahrungen, Erlebnisse und Ergebnisse für Team-Mitglieder zu erzeugen. Als konkretes Beispiel: Eine Marketing-Abteilung plant z. B. einen Marken-Relaunch. Man brieft eine Agentur und bekommt das Feedback, dass das fiktive Projekt beispielsweise nicht unter € 300.000 umzusetzen sei. Stünde diese Budget nicht zur Verfügung, könnte es sich anbieten, das Projekt in kleinere Einzelaufgaben zu teilen. Man könnte meinetwegen die Logo-Gestaltung herauslösen und das interne Team vor die Lösung dieser Aufgabe stellen. Dann würde man auf preisgünstige Crowdsourcing-Dienste hinweisen, die derartige Design-Aufgaben ausgelagert übernehmen können. Das Team würde den Prozess in die Wege leiten und im Nachhinein würde man vermutlich feststellen, dass dieser Weg sehr effektiv, zeit- und kostensparend war – obwohl er vom bestehenden Prozess weit entfernt ist. Alles in allem also eine positive Erfahrung für das Team, die den Blick auf die Digitalisierung schärfen kann. In einer größeren Organisation könnte man analog dazu einen Innovation-Hub bauen, also eine eigene Einheit die sich um gute Ideen aus den eigenen Reihen der Teams kümmert. Reicht ein Mitarbeiter eine als gut befundene Idee ein, schenkt das Unternehmen dem Mitarbeiter Zeit – beispielsweise vier Wochen, um aus der Idee ein Konzept zu entwickeln. Dafür bekommt der Mitarbeiter wiederum ein Coaching vom Innovation-Hub. So lassen sich neue Ansätze und neue Herangehensweisen gut in einer Organisation verankern.“
STEERER: „Als Interim-Manager im Kontext der Digitalisierung: Zu deiner Tätigkeit gehört es Unternehmen, deren Herkunft, Arbeitsweise und Vision genauestens unter die Lupe zu nehmen, um sie umfassend auf den digitalen Wandel vorzubereiten: Fällt es Ihnen manchmal schwer nach einer intensiven Zeit das Unternehmen loszulassen? Entscheidest du dich manchmal dafür eine Firma auch über das im Vorfeld vereinbarte Mandat hinaus, weiter zu unterstützen?“
Michael Mollath: „Das ist sicherlich eine Typenfrage und auch eine Rollenfrage. Ein CFO wird das beispielsweise anders sehen als eine andere Interims-Position. Ich bin stets mit sehr viel Herzblut dabei und versuche immer die Frage zu beantworten: „Was müssen wir tun, um das Unternehmen besser zu machen?“ Wenn man sehr eng in das jeweilige Unternehmen eingebunden ist, kann es unter Umständen wirklich schwer sein, wieder Abstand zu nehmen. Als Profi ist man natürlich auch dazu in der Lage, jedoch ist meine persönliche Haltung als Mensch stets: Ich bin immer involviert! Ich habe über meine gesamte berufliche Laufbahn schon viele Situationen gehabt, in denen ich gelernt habe, in kritischen Situationen zu agieren. Und ich schätze es immer mit Leuten zusammenzuarbeiten, die für ihren Job „brennen“.“
STEERER: „In deinem Fall hast du als Interim-Manager in deinem jetzigen Unternehmen angefangen, die Digitalisierung in die Wege zu leiten und voranzutreiben. Kannst du dir vorstellen, das Unternehmen dauerhaft als CDO zu begleiten?“
Michael Mollath: „An neue Herausforderungen gehe ich stets ergebnisoffen heran. In diesem speziellen Fall reizt mich die extreme Herausforderung. Mein jetziges Unternehmen hat ein unglaubliches Potenzial und es gibt verschiedenste Wege, dieses Potenzial zu heben. Das ist etwas, was ich sehr spannend finde, um auch über mein Interimsmandat hinaus mitzuwirken und maßgebliche Erfolge mitzugestalten.“
STEERER: „In Bezug auf Vorstand und Management von Digitalisierungskandidaten: Auf welche Einstellung, welches Mindset kommt es hier vor allem an, um einen Digitalisierungsprozess eines Unternehmens erfolgreich anzustoßen? Mit welchen Hemmnissen siehst du dich auf oberster Ebene konfrontiert?“
Michael Mollath: „Das hängt immer von sehr vielen Faktoren ab. Meine Haltung mittlerweile ist: „Hire for attitude, not for skill.“ Fähigkeiten kann man trainieren, eine Einstellung bringt jemand mit – oder eben nicht. Ich versuche immer zunächst herauszufinden, ob die für ein Unternehmen Verantwortlichen wirklich an Digitalisierung interessiert sind, oder ob sie es eher als Pflichtaufgabe begreifen. Beispielsweise gibt es in vielen Branchen einen erheblichen Gruppendruck bzw. Zugzwang in dem sich Unternehmen befinden. Die Rolle eines Interim-Managers besteht in diesem Zusammenhang auch darin, die Beweggründe einer Organisation – welche sich der Digitalisierung widmen möchte – zunächst aufzuklären. Auch wenn das manchmal ein unbequemer Prozess sein kann. Hinsichtlich Mitbestimmung wird auch oft unterschätzt, dass man oft erhebliche Zeit investieren muss, um detailliert darzulegen, warum etwas getan werden muss, um beispielsweise bestimmte Etappenziele zu erreichen. Gerade organisatorische Restrukturierungen haben erheblichen Erklärungsbedarf. Was ich auch oft als Problem empfunden habe ist, mit Entscheidungsträgern zu tun zu haben, die – sagen wir mal – vor ihrem geistigen Auge schon das Ende Ihrer beruflichen Tätigkeit sehen oder ggf. deren Management-Vertrag nur noch eine stark begrenzte Laufzeit hat. In solchen Fällen geht es den Beteiligten eher um taktiertes Ablegen von Aufgaben und Projekten und nicht unbedingt um das Angehen großer Herausforderungen oder die Sache selbst. Familienunternehmen sind in diesem Kontext meist besser aufgestellt, da sie mit einem anderen zeitlichen Horizont operieren.“
STEERER: „Die Corona-Pandemie hat in Deutschland erhebliche Digitalisierungslücken und -Rückstände offengelegt – sowohl in behördlichen/öffentlichen als auch in wirtschaftlichen Prozessen. Im Vergleich mit anderen Industrienationen: Wo stehen wir deiner Meinung nach und wie siehst du die Perspektive hierzulande? Ist der Wettlauf bereits verloren und wenn nicht, wo liegen unsere Chancen?“
Michael Mollath: „Durch Corona ist sehr offensichtlich geworden, dass wir im gesamten Verwaltungsapparat erhebliche Probleme haben. Da bin ich momentan selbst auch sehr skeptisch, ob wir das gelöst bekommen – Stichwort Faxgeräte in Gesundheitsämtern. Dass es nicht gelingt, in einer furchtbaren Krise wie der Corona-Pandemie, in Gesundheitsämtern übergreifend eine Software-Lösung zu implementieren ist angesichts der Tragweite der Situation beinahe unglaublich. Auf politischer Ebene haben wir sicher auch viele Herausforderungen: Beispielsweise ist Föderalismus sicherlich grundsätzlich etwas Gutes, aber in vielen Bereichen kann dieser auch hinderlich sein – Stichwort Bildungspolitik. Wie viele Menschen arbeiten schließlich noch dort, wo sie zur Schule gegangen sind? Daher ist der Gedanke obsolet zu sagen, man wüsste was regional bildungstechnisch besser oder der goldene Weg ist. Auch wenn ich im Hamburger Koalitionsvertrag lese, dass man selber eine eigene Plattform für das Thema der digitalen Bildung von Kindern entwickeln möchte, macht mich das mehr oder weniger sprachlos. Einen großen Vorteil haben wir jedoch was Dynamik und Flexibilität angeht: Die Struktur unserer Unternehmen, ein riesiger Mittelstand und die Tatsache, dass wir nicht so industrieabhängig sind. Diese Stärke wird in vielen Bereichen jedoch wiederum durch politische Rahmenbedingungen ausgebremst. Vor allem im Kontext Überregulierung. „German Angst“ ist auch ein Stichwort: Wir neigen hierzulande oft dazu, deutlich mehr Probleme als Chancen zu sehen. Vor allem im Rahmen meiner Tätigkeit für ein chinesisches Unternehmen fällt mir dieser kulturelle Unterschied besonders stark auf, der sich vor allem auch in der Herangehensweise an Herausforderungen stark bemerkbar macht. Dieses Mindset zu ändern ist eine riesige, gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Wenn Sie der Meinung sind ein Interim Digital-Manager kann auch Ihnen helfen den digitalen Standort Ihres Unternehmens im Markt zu bestimmen und helfen eine Vision und Strategie zu Entwickeln, dann nehmen Sie Kontakt mit uns auf. Wir beraten Sie gerne bei der Identifikation und Auswahl der richtigen Persönlichkeiten für Ihre individuelle Situation.