Interim CDO Michael Mollath im Gespräch.
Als Executive Search Experten im Digitalkontext widmen wir uns Persönlichkeiten, die Digitalisierung maßgeblich vorantreiben.
Wir haben uns hierzu unter anderem mit Michael Mollath, einem erfahrenen Digitalprofi und Interim Manager, unterhalten. Michael gibt uns spannende Einblicke in seine Herangehensweise und was es bedeutet, den digitalen Wandel innerhalb von international operierenden Unternehmen mitzuverantworten.
Teil 1
STEERER: „Laut Digitalisierungsindex sind 58% der mittelständischen Betriebe dabei, umfassend Prozesse zu digitalisieren. Wie schätzt du die generelle Akzeptanz in der deutschen Wirtschaft gegenüber dem bevorstehenden digitalen Wandel ein?“
Michael Mollath: „Es hat eine große Veränderung und ein Umdenken durch Corona stattgefunden. Letztendlich hatte die Krise in vielen Aspekten sogar einen positiven Effekt. Auch in meinen vorherigen Stationen bin ich im Kontext der Digitalisierung teilweise auf erhebliche Widerstände gestoßen. Corona hat jedoch viele Unternehmen dazu gebracht, die Herangehensweise an dieses wichtige Thema zu überdenken. Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammengang das Thema Remote Work anzuführen. In unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen waren Unternehmen von heute auf morgen dazu gezwungen in dezentralen Teams zu arbeiten, umfassende Homeoffice-Regelungen einzuführen und gleichzeitig den Geschäftsbetrieb möglichst ohne Beeinträchtigung aufrecht zu erhalten. Das war sicherlich ein großer Schub für die Digitalisierung, allerdings ist das Digitalisierungspotenzial in den meisten Unternehmen noch nicht annährend ausgeschöpft. Ein interessantes Beispiel ist immer der Digitalisierungsstatus von Briefpost. Anhand des kleinen Details, wie Unternehmen mit physischer Post verfahren, lässt oft darauf schließen, wie weit die geistige Akzeptanz von Digitalisierung in einem Unternehmen fortgeschritten ist. Heutzutage liegt es auf der Hand, Briefverkehr vollständig zu digitalisieren, und das ist nicht mal schwierig. Viele Unternehmen sträuben sich jedoch nach wie vor dagegen, auch aufgrund von – meistens unbegründeten – Datenschutzbedenken oder anderen Vorbehalten. Insgesamt lässt sich jedoch feststellen, dass die generelle Akzeptanz für Themen der Digitalisierung durch die Coronakrise allerorts stark gestiegen ist, was natürlich ein positiver Trend ist.“
STEERER: „Auf welche Situation bzgl. der Akzeptanz für Digitalisierung bist du bei deinem letzten Mandat getroffen?“
Michael Mollath: „Dabei hat es sich um ein chinesisches Unternehmen gehandelt. Dort habe ich die Einstellung kennengelernt, dass es für Digitalisierung eigentlich überhaupt kein Limit gibt. Das ist grundsätzlich positiv, jedoch hätte ich niemals gedacht, dass ich mal in die Situation komme selbst zu sagen: „Nun mal langsam, ein Schritt nach dem anderen. Lasst uns das mal alles zunächst strukturiert planen und durchdenken.“ Für jemandem, der normalerweise der Antreiber von Digitalisierungsprozessen ist, war das eine neue Erfahrung. Das Problem was ich sonst bei vielen deutschen Unternehmen kennengelernt habe, nämlich mangelnde oder begrenzte Akzeptanz von Digitalisierung, existierte in dieser chinesischen Firma nicht. Es herrschte eher eine Kultur vor, in der eine als gut befundene Idee sofort umgesetzt wurde. Dort war die Fragestellung eigentlich immer eher: „Wie weit können wir gehen? Was ist eigentlich möglich? Wo sind die Grenzen der Digitalisierung in unserem Unternehmen?“. Insgesamt bin ich auf eine sehr offene Haltung gestoßen Dinge umzusetzen, was mich überrascht hat.“
STEERER: „Du hast gleich zu Beginn eine digitale Reifegrad-Analyse durchgeführt. Wie sieht so ein Prozess aus und welche Relevanz hat er?“
Michael Mollath: „Derartige Modelle sind extrem hilfreich, da sie einen guten Referenzpunkt bilden für C-Level-Management und Unternehmenseigner. Sie dienen dazu, komplexe Situationen, Prozess- und Beziehungsgefüge stark zu vereinfachen. Die Modelle sind eine große Hilfe dabei zu verstehen: „Wo stehe ich selbst eigentlich im Kontext der Digitalisierung? Und wo stehe ich relativ zu meinem direkten Wettbewerbsumfeld?“. Zudem ermöglichen diese Modelle den Blick über den Tellerrand, beispielsweise den Vergleich mit Unternehmen, die außerhalb der eigenen Branche agieren, jedoch Maßstäbe für Digitalisierung setzen. Diese Einordnung des eigenen Unternehmens, die Aufnahme einer Ist-Situation, ist für den Start einer Digitalisierungsinitiative unerlässlich. Solche Modelle helfen auch bei der späteren Argumentation, warum gewisse Dinge getan werden müssen. Wenn man beispielsweise herleiten kann, dass die direkte Peer-Group, also der unmittelbare Wettbewerb, bestimmte Dinge tut oder in spezifischen Bereichen weiter fortgeschritten ist, müssen schon sehr starke Argumente gefunden werden, warum man selbst anders handeln sollte. Dafür sind Modelle wie eine digitale Bestandsaufnahme und Reifegrad-Analyse sehr hilfreich. Und es sind auch nicht nur theoretische Modelle: Aus diesen umfassenden Bestandsaufnahmen lassen sich in vielen Fällen sehr konkrete Maßnahmenkataloge direkt ableiten. Die Wichtigkeit einzelner Maßnahmen lassen sich dann auch für kritische Begleiter eines Digitalisierungsprozesses oftmals sehr prägnant ableiten und begründen.“
STEERER: „Speziell alteingesessene, teilweise inhabergeführte Unternehmen begegnen der anstehenden Digitalisierung, und den Herausforderungen, die diese mit sich bringt, oft skeptisch. Aus der Perspektive eines erfahrenen Interim-Managers: Wie kann man solche Unternehmen am besten an den digitalen Wandel und seine Notwendigkeit heranführen?“
Michael Mollath: „Das erste was man tun sollte ist stets die Bestandsaufnahme der Ist-Situation. Was machen eigentlich die Rising Stars innerhalb der eigenen Branche? Wo stehen diese? Wie sind diese Firmen dort hingekommen, wo sie sind? Das sind die zentralen Fragen zu Beginn einer jeden Digitalisierungsdebatte. Ich habe es zudem stets als sehr hilfreich empfunden über Inspirationen zu arbeiten, also das Gegenteil von „Lehrmeister-artigem“ Auftreten. Beispielsweise habe ich schon mehrfach sehr gute Erfahrungen damit gemacht, Mitarbeiter eines Unternehmens im Rahmen von Exkursionen aus ihrem gewohnten Umfeld temporär herauszunehmen, um sie in anderen Unternehmen mit einer völlig neuen Situation zu konfrontieren und um Aufgaben, Arbeitsweisen und Prozesse dort zu erleben. Für viele Mitarbeiter ist das ein sehr inspirierendes Unterfangen, welches lange nachhallt und auch die Akzeptanz für Veränderungen in der eigenen Firma erhöht. Für viele Mitarbeiter eines Konzerns kann es beispielsweise eine spannende Erfahrung sein, die Arbeitsweisen in einem Start-up kennenzulernen. Trotz völlig unterschiedlicher Unternehmensgrößen lassen sich hier oft wertvolle Schlüsse für das Wirken in der eigenen Firma ziehen. Dazu zählten auch Gesprächsrunden mit Start-up-Gründern, um deren Arbeits- und Denkweise kennenzulernen. Ich habe auch schon mehrfach die Inhaber und Vorstände großer Unternehmen für einige Tage in Start-ups arbeiten lassen – ebenfalls eine spannende Erfahrung für alle Beteiligten.“
STEERER: „In welchen Unternehmensbereichen schätzt du Digitalisierung als besonders herausfordernd ein? Wie war/ist das bei deiner jetzigen Rolle?“
Michael Mollath: „Sehr interessante Frage. Man muss bei der Herangehensweise und Umsetzung von Digitalisierung in der Tat zwischen Abteilungen unterscheiden, stets unter Berücksichtigung welche Art von Mitarbeiter man dort typischerweise antrifft. Für einen CMO (Chief Marketing Officer) kann digitaler Wandel tatsächlich ungeheuer herausfordernd sein, weil Marketing eine sehr vernetzte Disziplin ist, die sich in den beiden letzten Jahrzehnten fundamental verändert hat – weg vom klassischen Outbound-Marketing, hin zum digitalen Inbound-Marketing, bzw. der Co-Existenz beider Herangehensweisen. Wenn jemand sehr lange klassisches Marketing gemacht hat, fällt es oft sehr schwer, diese Entwicklung sowie die damit einhergehenden Veränderungen und Prozesse zu akzeptieren. Auch in den Finanzabteilungen stößt man häufig auf Vorbehalte bezüglich der Digitalisierung. Und dabei ist es eigentlich sogar so, dass in diesen Abteilungen aufgrund großer Hebelwirkungen relativ einfach Verbesserungen durch Digitalisierung und Automatisierung umsetzbar wären. Dennoch stößt man hier oft auf erhebliche Widerstände. Den Finance-Bereich sehe ich daher persönlich oft als den schwierigsten zu digitalisierenden Bereich an. Wenn es um klassische Unternehmen geht, findet man auch oft in den IT-Abteilungen sowie den Personalabteilungen eine ähnliche Situation vor. Mit guter Argumentation kommt man jedoch auch hier meist schnell weiter und kann nachhaltig Überzeugungsarbeit leisten.“
Teil 2 folgt in Kürze…
Wenn Sie der Meinung sind ein Interim Digital-Manager kann auch Ihnen helfen den digitalen Standort Ihres Unternehmens im Markt zu bestimmen und helfen eine Vision und Strategie zu Entwickeln, dann nehmen Sie Kontakt mit uns auf. Wir beraten Sie gerne bei der Identifikation und Auswahl der richtigen Persönlichkeiten für Ihre individuelle Situation.